So wie der italienische Wein eine lange und
reiche Tradition hat, so hat auch der Grappa eine weit zurück reichende
Geschichte, die den Weinbau immer begleitet hat. Das ist nahe liegend, denn
der Traditionsschnaps der Italiener wird aus den Weintrestern hergestellt.
So ist es auch nicht erstaunlich, dass der regional hergestellte Grappe sich geschmacklich ebenso deutlich unterscheiden wie
die Traubensorten, aus denen sie gewonnen werden.
Und dennoch schmeckt jeder beliebige Grappa erst einmal -
eben - nach Grappa. Der Grund liegt in einer gesetzlichen
Vorschrift: Die Pressrückstände, das Grundmaterial für die
Grappa-Herstellung, müssen trocken gebrannt werden. Sie
dürfen also nicht mehr Feuchtigkeit enthalten, als zum
Destillieren unbedingt nötig ist, was dem Aroma eine
ausgesprochene Intensität verleiht. Sind die Trester jedoch
zu trocken, so wird man keinen ausgewogenen Geschmack
erzielen, sondern ein Brennen auf der Zunge verspüren.
Um einen guten Grappa zu erlangen, werden in der Regel fast
frische Trester verwendet - der Grappa lebt von ihren
Fruchtaromen.
Die Destillation:
Das Wort „Destillieren“ beinhaltet „stilla“, was „Tropfen“
heißt. Unter dem Begriff verbirgt sich die Kunst, freigesetzte
Bestandteile einer Grundsubstanz aufzufangen und durch langsames,
tropfenweises Sammeln ein flüssiges Gemisch entstehen zu lassen. Diese
Kunst war bereits bei den Römern, Ägyptern und den Griechen bekannt.
Das Grundprinzip ist einfach, denn die Alkohole (Siedepunkt: etwa 70
Grad) verdampfen früher als das Wasser (Siedepunkt bei knapp 100 Grad).
Der Erhitzungsvorgang erfolgt entweder durch Wasserdampf oder - etwas
raffinierter - durch ein Warmwasserbad (in Italien „Bagnomaria“
genannt).
Während der Destillation wird der Trester in Kolben erhitzt und die
dadurch entstehenden Dämpfe durch Kühlung zu einer Flüssigkeit mit hohem
Alkoholgehalt kondensiert. Diese werden in einem zusätzlichen Kolben
aufgefangen. Dieser Vorgang kann mehrfach wiederholt werden, um eine
reinere Grappa zu erhalten.
Eine mobile Brennerei aus der Zeit, in der noch nicht jeder Weinbauer
die Möglichkeit hatte,
sein Grappa-Kontingent zu produzieren.
Foto: A Tavola
Tradition des Grappa:
So wie die italienische Küche hat auch der Grappa tiefe Wurzeln in der
Geschichte, und auch ihre Tradition beruht auf der Grundweisheit der
„armen“ Küche: Alles ist einfach, nichts wird weg geworfen - erst recht
nicht die Trester, aus denen so guter Wein gewonnen wurde...
Von den Burgundern, die ca. im 5. Jahrhundert den Bauern im Friaul die
Kunst des Destillierens brachten, reichen historische Berichte bis hin
zu den Arabern, die über Sizilien im 9. Jahrhundert die Destillation
nach Italien einführten und somit in ganz Europa verbreiteten.
Bereits im 15. Jahrhundert gab es Handel mit Grappa, auch außerhalb Italiens.
Die Herstellung wurde reglementiert, aber den Bauern war es erlaubt, für den
eigenen Bedarf ein kleines Kontingent zu brennen. Die Folge war, dass der Grappa damals als „Armeleuteschnaps“ galt - was aber
sicherlich auch mit der direkten Befeuerung der Kessel, dem folglichen
Anbrennen der Trester und dem folglich beißenden Geschmack zu tun hatte.
Durch ständige Verbesserungen der Verfahren über viele Generationen
wurde aus dem Brand die edle und unverwechselbare Spirituose, die der Grappa heute noch darstellt.
Die Eigenschaften des Grappa:
Der Grappa sollte weich, kräftig und fruchtig im Geschmack sein. Trotz
ihres starken Charakters sollte sie sich am Gaumen immer samtig und
angenehm anfühlen.
Aber diese Faustregel nützt nicht viel wenn man bedenkt, dass Grappa
sowohl aus den Barbera-Trestern als auch Prosecco-Traubenresten gewonnen
wird. Folglich gibt es, wie eingangs erwähnt, deutliche Unterschiede.
Einige Beispiele haben wir für Sie unten rechts zusammengetragen -
natürlich ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit.
Grappa wird überall in Italien gebrannt, aber die Hochburgen liegen im
Friaul, in Venetien, im Piemont und im Aosta-Tal, wobei
Venetien und Friaul die weitaus längste Grappa-Tradition
haben. Innerhalb einer Region können so gegensätzliche
Destillate entstehen wie zum Beispiel im Piemont aus Trebern
und Moscato-Trauben (weich, lieblich) und andererseits aus
Nebbiolo (trocken, herb, tanninhaltig).
Dass sich über Geschmack nicht streiten lässt, wusste
bereits Immanuel Kant. Wenn wir also eine Empfehlung
aussprechen wollen, dann können wir Ihnen nur raten, selbst
zu probieren. In den letzten Jahren haben sich viele der
italienischen Gastronomen zunehmend auf die
regional-typischen Erzeugnisse und Rezepte konzentriert, aus
denen sie selbst stammen - so lässt sich problemlos ein
Streifzug durch die verschiedenen Regionen gestalten, indem
man bei zwei bis drei verschiedenen Italienern einmal nach
deren Empfehlung des Hauses verlangt hat.
Es ist aber auch ein Erfahrungswert, dass man hierbei immer
wieder auf bestimmte, klassische Grappa-Namen trifft, wie
etwa Brotto, Chiarli, Masi, Poli, Mazzetti oder Bertagnolli.
Solche Hersteller zeichnen sich durch eine kontinuierlich
hohe und zuverlässige Qualität ihrer Brände aus - was mit
einer eindeutigen Spezialisierung zusammenhängt. Daher finden wir bei diesen Herstellern
auch die größte Auswahl, bis hin zu aromatisierter Grappa.
Diese ist mit verschiedenen Kräutern und Aromen versetzt, und darf im
Regelfall in Deutschand gar nicht verkauft, muss daher direkt aus
Italien bezogen werden.
Einige verschiedene Grappa-Sorten:
Grappa Bianca Del Veneto
Ein sehr leichter Grappa, ideal zum Kennenlernen und für Freunde milder
Charaktere.
Grappa di Cabernet
Dieser Grappa hat ein vollreifes Bukett und ist sehr ausgewogen im Geschmack
- damit spiegelt er die beliebten Eigenschaften der Cabernet-Traube wider.
Grappa di Chardonnay
Ein etwas anderer Grappa, mit frischem Bukett und einem elegantausgeprägten
Geschmack. Dennoch erfreulich geschmeidig im Abgang.
Grappa di Chianti
Dieser Grappa kommt aus dem Chianti-Gebiet in der Toskana. Er wird aus einer
Mischung aus Sangiovese, Canalono und weiteren Trestern gewonnen. Danach
wird er in Holzfässern gelagert, wo er eine strohgelbe Farbnote gewinnt.
Das Bukett wird etwas strenger, der Geschmack ist etwas trockener und
offenbart einen eleganten „Tropfen“.
Grappa di Prosecco
Diese Rebsorte ergibt einen geschmacklich sehr feinen Grappa mit einem
frischen Bukett.