Es hätte nicht viel gefehlt und die fulminante militarisch-politische
Karriere von Giuseppe Garibaldi, der zum wichtigsten Protagonisten der
Einigung Italiens im Jahr 1861 werden sollte, wäre schon 1834, als er 27
Jahre alt war, abrupt zu Ende gegangen.
Nachdem er seine Jugend als Abenteurer und Seefahrer zwischen dem Mittelmeer
und dem Schwarzem Meer verbracht hatte, nahm er in jenem Jahr 1834 an seiner
ersten politisch motivierten Aktion teil: einem Aufstand in Ligurien und
Piemont gegen die französische Herrschaft. Dieser (schlecht organisierte)
Aufstand scheiterte und Garibaldi musste untertauchen. Die Franzosen
verurteilten ihn in Abwesenheit zum Tode und so musste Garibaldi unter
falschem Namen zuerst nach Tunesien fliehen und dann nach Südamerika ins Exil gehen.
Das Exil in Südamerika:
Aber die freiheitlichen Ideen hatten ihn inzwischen derart angesteckt, dass
er auch dort keineswegs untätig blieb: in den Jahren zwischen 1834 und 1848
war er unentwegt an militärisch-politischen Aktionen beteiligt, in
Brasilien, Argentinien, und Uruguay, wo er stets die dortigen
Unabhängigkeits- und Freiheitsbewegungen unterstützte und oft sogar anführte.
Im Jahr 1848, als in Italien, wie in ganz Europa, demokratisch und national
inspirierte Revolutionen gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft
ausbrachen, kam Garibaldi nach Italien zurück.
Das Garibaldi-Museum in Montevideo (Uruguay)
Foto:
Thomoesch
Der erste Unabhängigkeitskrieg gegen Österreich:
Seine Feldzüge in den zwei Jahren des erstern Unabhängigkeitskrieges 1848-49 gegen
Österreich machten ihn in ganz Italien bekannt: Garibaldi
wurde zum Nationalhelden. In der im Februar 1849 ausgerufenen Römischen
Republik war er Anführer der Revolutionsarmee, musste aber, nach
anfänglichen Erfolgen, schließlich der Übermacht der Franzosen weichen, die
den Papst unterstützten und die Rom fast zwei Monate lang belagerten. Danach
musste Garibaldi erneut ins Exil, dieses Mal zuerst nach Marokko, dann nach New York
und schließlich nach Peru.
Der "Zug der Tausend" und die Einheit Italiens:
Im Jahr 1854, als Garibaldi nach Italien zurückkehrte, sah die
politische Landkarte Italiens im Wesentlichen so aus:
orange: das Königreich Sardinien/Piemont, der
einzige Teil Italiens, der wirklich unabhängig war blau: Gebiete unter österreichischer Herrschaft grün: die Herzogtümer der Toskana, offiziell eigenständig, aber
abhängig von Österreich rot: der Kirchenstaat, unterstüzt und militärisch abhängig von Frankreich gelb: das "Königreich der zwei Sizilien" unter der Herrschaft eines Bourbonenkönigs
Außer dem Königreich Sardinien/Piemont und der in den meisten Teilen Italiens verbreiteten Nationalbewegung,
die hauptsächlich aus Bürgern, Handwerkern und einer intellektuellen Elite bestand, waren alle anderen
wichtigen politischen Akteure in Italien gegen die Einheit. Das gleiche galt
natürlich auch für die ausländischen Mächte, die Interessen in Italien hatten. Wenn diese,
wie z.B. Frankreich, die Nationalbewegung in bestimmten Momenten
unterstützten, dann nur aus taktischen, machtpolitischen Überlegungen heraus. In
der großen Masse der überwiegend bäuerlichen Bevölkerung Italiens (damals
etwa 23 Millionen), die zu 78% aus Analphabeten bestand, war ein
italienisches Nationalbewusstsein allerdings kaum vorhanden.
Sardinien/Piemont setzte alle politischen, diplomatischen und militärischen
Mittel ein, um Österreich aus Italien zu vertreiben und die anderen Staaten
Italiens entweder friedlich oder mit militärischer Gewalt in die Einheit zu
zwingen. Garibaldi, der Republikaner war, sah die Expansionspolitik des
Königreichs Sardinien/Piemont mit gemischten Gefühlen, entschloss sich aber aus pragmatischen Gründen zu dessen Unterstützung.
Garibaldis Abreise aus Genua (1860) zum "Zug der Tausend" Unbekannter Maler
Im Mai 1860,
als der Einigungsprozess scheinbar zum Stillstand gekommen war, brach Garibaldi mit etwa 1000 Freiwilligen, die voller Enthusiasmus, aber mehr schlecht als recht bewaffnet und ausgerüstet
waren, zu einer tollkühnen Aktion auf, die ihn endgültig in die Annalen der Geschichte eingehen lassen sollte:
Er schiffte mit seiner Privatarmee in Genua ein, um in Sizilien zu landen und von dort Schritt für Schritt Italien von unten nach oben zu erobern
("Zug der Tausend");
in der Hoffnung, dass die Bevölkerung des Südens ihn bei diesem gewagten Feldzug unterstützen würde.
Seine Rechnung ging im Wesentlichen auf: die Bevölkerung war zwar nicht
überall begeistert auf seiner Seite, dennoch erreichte er in wenigen Monaten nach mehreren Schlachten Neapel, die Hauptstadt des süditalienischen bourbonischen Königreichs.
Viktor Emanuel II., der König von Sardinien/Piemont, und die anderen
gemäßigteren Protagonisten der italienischen Einigung befürchteten nun einen Alleingang Garibaldis und die Ausrufung einer süditalienischen Republik. Als Garibaldi dann zum Feldzug nach Rom aufbrach,
schickten sie eine eigene Armee nach Süden, um den Rebellen zu bremsen.
Aber schließlich gab Garibaldi klein bei und am 26. Oktober 1860 fand in der Nähe von Neapel das legendäre Treffen
zwischen ihm und dem König Viktor Emanuel II. statt, bei dem er den piemontesischen
Monarchen als „König von Italien“ begrüßte.
Die Schlacht am Fluss Volturno (1860), in der Nähe von Neapel, bei der das
Freiwilligenheer von Garibaldi den bourbonischen Truppen eine entscheidende
Niederlage bereitete. Fresko im Turm von San Martino della Battaglia
Die letzten Jahre von Garibaldi:
Jetzt war Italien vereint, aber der Kirchenstaat im Zentrum
blieb, geschützt von französiaschen Truppen, noch draußen und auch Nordostitalien
stand noch unter der Herrschaft der Habsburgermonarchie.
Garibaldi zog sich auf sein Landgut auf der Insel Caprera (vor Sardinien) zurück,
aber vor allem der Kirchenstaat war ihm ein Dorn im Auge. Ungeachtet der
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frankreich und dem neuen
italienischen Königreich wollte er es noch mal versuchen und den Papst und
dessen französische Hilfstruppen aus Italien vertreiben.
So brach er in
den folgenden Jahren noch zwei Mal auf eigene Faust und mit ihm ergebenen
Freiwilligen auf, um Rom einzunehmen. Dieses Mal jedoch scheiterte er an der
französischen Überlegenheit und außerdem hatte er auch die Armee des neuen
italienischen Königreichs gegen sich. Dennoch wurde Garibaldi in ganz
Italien als der Held der Einigungsbewegung gefeiert und am Ende seines
eigensinnigen Rebellentums, das mehr als einmal den neuen italienischen Staat in
erhebliche diplomatische Verlegenheiten brachte, stand das berühmte
Telegramm, das er 1866 an den italienischen König schickte und das nur ein
Wort enthielt: "Obbedisco" (Ich gehorche).
Giuseppe Garibaldi starb 1882 in seinem Haus in Caprera, wo sich heute
ein Garibaldi-Museum und auch sein Grab befindet.