Eine berühmte Szene aus dem Film "La Dolce Vita" von
Federico Fellini (1960), mit Marcello Mastroianni und Anita Ekberg im Trevi-Brunnen in Rom.
"Dolce Vita" - Was ist das eigentlich?
Dass die Lebensart der Italiener etwas mit „Dolce Vita“ zu tun hat, ist eine weit verbreitete Meinung.
Aber was ist das eigentlich, "Dolce Vita"? Wörtlich übersetzt bedeutet es „süßes Leben“.
Die Definition des Dudens ist schon etwas konkreter: "luxuriöses Leben, das aus Müßiggang und
Vergnügungen besteht". Die Freunde des italienischen Regisseurs
Federico Fellini werden dabei sicher an den berühmten gleichnamigen Film"La Dolce Vita"
aus dem Jahr 1960 denken, der genau diese Lebensart zum Thema hat (mehr dazu
unten).
Aber mit "Dolce
Vita" verbindet man in der Regel nicht nur das
rauschhafte Leben voller Flirts und Partys: gemeint ist damit oft auch ein Lebensstil, der von einer gewissen
Lässigkeit und
Lockerheit geprägt ist, der Stress und Hektik vergessen lässt. Dazu werden meist auch das
häufige
gesellige Beisammensein und das
gute Essen
in Italien gezählt. Und die angebliche Fähigkeit der Italiener, Probleme mit
einem Lächeln zu lösen.
Ist das aber wirklich eine realistische Beschreibung des Lebensstils der
Italiener oder nur ein längst verschlissenes Vorurteil, ein überholter
Mythos? Oder ist es vielleicht nur das, was Deutsche in Italien suchen und
während eines ein- oder zweiwöchigen Urlaubs sicher ohne Probleme auch (für
sich selbst) finden?
Samstag Abend in den Gassen von Matera (Basilikata) Foto:
www.wikimatera.itWas nicht in die Vorstellung des Dolce Vita passt: das tägliche Verkehrschaos in
Palermo Foto: Wolfgang Pruscha
Ein Blick ins Alltagsleben:
Ein Blick in das Alltagsleben des
durchschnittlichen Italieners von heute zeigt in der Tat, dass für "Dolce
Vita" kaum noch Platz bleibt. Nach einem Frühstück, das normalerweise
nur aus einer winzigen Tasse Espresso und einem hastig verzehrten Croissant besteht -
eine Frühstückskultur wie in Deutschland ist in Italien unbekannt - stürzt
er sich mit seinem Auto ins tägliche Verkehrschaos, um zum Arbeitsplatz zu
gelangen. Die Mittagspause, die oft nur eine halbe Stunde, maximal eine
Stunde dauert, wird meist in der nächstgelegenen Bar verbracht, wo ein
Schnellgericht das traditionelle Mittagessen zu Hause ersetzen muss. So
etwas wie eine "Siesta", d.h. eine lang dauernde, gemütliche Pause nach dem
Mittagessen, um die heißeste Zeit des Tages zu überbrücken, gibt es
höchstens noch in einigen abgelegenen ländlichen Gegenden von Süditalien. Aber auch da
ist sie auf dem Rückzug.
Nach dem zweiten Verkehrschaos des Tages,
d.h. während der Rückkehr nach Hause, beginnt endlich die Zeit des Tages,
zu der sich die Italiener entspannen. Die so genannte "Happy hour", die Stunde vor dem Abendessen, wird
(wenigstens für die meisten Singles) an der Bar mit Aperitif und entspanntem Small-Talk verbracht und die "Cena",
das Abendessen, das sich am Wochenende auch lang hinziehen kann, ist für viele der
Höhepunkt des Tages.
Italienischer Lebenstil: weniger Stress und Hektik?
Dass es im italienischen Lebensstil weniger
Stress und Hektik gibt als in Deutschland, ist weit
von der Realität entfernt. Die Psychologen, bei denen gestresste Mitmenschen
auf der Couch liegen, haben in Italien genau so viel Arbeit wie in
Deutschland.
Alles in allem: Italien ist ein schönes
Land, aber kein
Traumland, es ist ein normales Land,
mit vielen angenehmen Seiten, aber eben auch mit ebenso vielen weniger
schönen Seiten.
Und zum Schluss noch etwas zum
Fellini-Film "Dolce Vita", von dem viele
(leider) nur den Titel kennen. In diesem Film geht es um das Leben der „High
Society“ im Rom der fünfziger Jahre. Er beschreibt eine Welt der Nichtstuer,
deren ausschweifendes "Dolce Vita" nur die innere Leere und eine Unfähigkeit
zu echten menschlichen Beziehungen überdeckt. Also kein besonders
anziehendes Bild dieses Lebensstils.
Das Klischee des "italienischen
Dolce Vita", das auch heute immer noch in vielen deutschen Köpfen
herumgeistert, bezieht sich im Grunde nicht auf die Italiener. Es ist das
Dolce Vita der deutschen Touristen in Italien. Bei den Italienern existiert
das Dolce Vita - so wie es in Deutschland oft besungen wird - schon lange
nicht mehr, bei den meisten hat es nie existiert.