Remisen, Revolten und Runaway:
Läuft man die Via della Spiga entlang, bewegt man sich zwischen großen
dünnen Models, die gerade von einem Shooting kommen, Ehefrauen der neuen
Oligarchien des Ostens im Leo-Look und reichen verschleierten Damen in
Begleitung eines männlichen Familienmitglieds. Prada, Moschino, Valentino,
Armani: Schaufenster gibt es viele, leuchtende, astronomisch in Zahl und
Luxus. Die neuen Kunden gehen hinein und kommen mit großen Markentaschen
glücklich wieder heraus: High Heels, Krokodil-, Straußen-, Python-,
Ledertaschen, eng anliegende Kleider aus Tüll und Musselin.
Zwei Mädchen machen ein Selfie vor Tiffany. Kaum zu glauben, dass das
Viereck der Mode zwischen Montenapoleone und der Via Senato, wo bis in die
30er der Naviglio floss, ehemals ein Viertel kleiner Händler, Handwerker und
bürgerlicher Häuser war. Es gab Gemeinschaftsbäder, Pferdeställe und
Remisen.
Während des Risorgimento, der italienischen Einheitsbewegung im 19.
Jahrhundert, war dies ein gesuchter Schlupfwinkel für
Revolutionäre; in der Via della Spiga 17 wohnte Francesco Restelli, später
Senator des Italienischen Königreiches. Im Palazzo Garzanti diktierte Cesare
Corenti 1848 das Manifest, das den Fünf-Tage-Aufstand gegen die
österreichischen Invasoren ins Rollen brachte. Im Gaffe Merlo konnte man
einem »Scapigliato« zuhören, wie er die Entfremdung durch die industrielle
Revolution anprangerte.
Einige Geschäfte blieben bis zu den 1950er Jahren: der Obsthändler mit dem
Spitznamen Garibaldi, die Weinhandlung mit den festen Trauben auf dem
Tresen, die Kurzwarenhandlung mit Knöpfen. Dies war, bevor sie alle den
zukünftigen Modetalenten weichen mussten. Immerhin: Bereits 1863 gab es in
der Via Montenapoleone 21 den Juwelier Annibale Cusi, der die Königin von
Italien mit Diamanten ausstattete. Straßennamen erinnern an Klöster, die
hier standen - Via Gesü, Via Sant'Andrea —, bevor der Geist ins Mon-däne
fuhr und die Tempel des Profanen aus dem Boden schossen.
PS: Der Juwelier Cusi, 1886 gegründet, gewann den Gran Premio bei der EXPO
1906 für das Collier "Maria Stuarda" mit 15.000 Diamanten. In der Via
Clerici, wo er hinzog, ist heute das Caffè Victoria. Hebt man den Blick (auf
der Seite der Via Perrone) sieht man noch heute das Schild. Inzwischen
befindet es sich im Corso Monforte 23 (San Babila) und wird immer noch von
der Familie Cusi geführt.
Text: Giulia Castelli
Gattinara

An der Ecke Via Montenapoleone / Via Santo Spirito
foto: Mario Verin
Praktische Informationen für den Besucher:
Adresse:
- zwischen Via della Spiga und
Via Montenapoleone
Zu erreichen mit:
- U-Bahn M1 Rot, Haltestelle San Babila
- U-Bahn M3 Gelb, Haltestelle Montenapoleone
- Bus 61, 94, Haltestelle Senato
- Tram 1, Haltestelle Manzoni
"111 Orte in Mailand, die man gesehen haben muss"

Der Text auf dieser Seite ist dem Buch
"111 Orte in Mailand, die man gesehen haben muss"
entnommen und wurde hier mit freundlicher Erlaubnis
des
Emons-Verlags veröffentlicht.
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