Nahezu alle europäischen Monarchen des 17. und 18. Jahrhundert betrachteten
das Schloss Versailles bei Paris als den Inbegriff absolutististischer
Pracht-und Machtentfaltung und als Vorbild für eigene Schlossbauten, die
jedoch mangels finanzieller Mittel in der Regel ein Traum blieben. Die
bourbonische Dynastie, die seit 1734 ganz Süditalien und zeitweise auch
Sizilien beherrschte, machte da keine Ausnahme. Neapel war zwar das
eindeutige politische und kulturelle Zentrum dieses Staates, wurde aber als
ungeeignet angesehen, den Ort für ein "Versailles des Südens" darzustellen.
In Caserta, etwa 35 km nördlich von Neapel, sollte das Prachtschloss
entstehen, dessen Bau 1752 in Angriff genommen und
1774 fertiggestellt
wurde. Für den Bau wurde die gigantische Summe von 8.711.000 Dukaten
ausgegeben, unglaublich angesichts der Armut der Bevölkerung und der
wirtschaftlichen Rückständigkeit des Königreichs. Aber den Bourbonen kam es
nur auf eine Demonstration ihrer Macht an und dafür war nichts zu teuer. Bis
zur Erreichung der endgültigen Gestalt des Schlosses und des Parks sollten
allerdings noch etwa 100 Jahre vergehen.
An Größe und Pracht steht der Palast von Caserta dem in Versailles in der
Tat um wenig nach, sowohl was die Dimensionen des Hauptgebäudes und des
Parks, als auch was die Auststattung der Räume im Innern des Palastes
angeht. Schon die majestätische, 18,50 Meter breite
Prunktreppe aus Marmor (mit 116 Stufen), die den Besucher nach dem Eingang empfängt, ist
beeindruckend. Die Königsgemächer im ersten Stock, darunter der imposante
Thronsaal und die
Palastkapelle, die eine ziemlich genaue Kopie der Kapelle
von Versailles darstellt, lohnen auf jeden Fall einen Besuch. Die
Ausstattung der Räume wurde im Laufe der Jahrhunderte zwar einige Male
verändert, doch sind noch heute viele Möbel aus der Erbauungszeit erhalten.
Der Schlosspark, der zu Fuß, mit Leihfahrrädern oder im Fiaker erkundet
werden kann, teilt sich in einen Barockgarten mit prächtigen Springbrunnen,
Wasserbecken und Statuen und einen Englischen Garten mit künstlichen Ruinen
und Grotten.
Seit Dezember 1997 gehören der Palast, der Park und die etwa 40 Kilometer
lange Wasserleitung, die nötig war, um den Wasserbedarf von Schloss und Park
zu decken, zum UNESCO-Welterbe.