Eine Gondelfahrt auf dem Canale Grande
Foto:
Jorge Royan
Venedigs romantisches Wahrzeichen:
Die schlanken schwarzen Gondeln Venedigs sind das wohl bekannteste Symbol
der Lagunenstadt. Für die Besucher der Stadt (nicht nur für die
Verliebten...) stehen sie bereit für romantische Rundfahrten auf den mehr
als 170 Kanälen Venedigs. Dennoch sind die Gondeln von Venedig mehr als nur
Ausflugsboote für Touristen. Sie stehen für traditionsreichen Bootsbau und
aufwendige Handwerkskunst.
Die Geschichte der venezianischen Gondel:
Wann genau eine Gondel das erste Mal durch Venedigs Kanäle gesteuert wurde,
ist nicht genau bekannt. Erstmals schriftlich erwähnt wurde der Bootstyp
jedoch bereits im 11. Jahrhundert. Durch ein Gesetzesdekret aus dem Jahre
1094 forderte der damalige Doge von Venedig seine Handwerker schriftlich
auf, eine Gondel für ihn zu bauen.
Es wird darum vermutet, dass der
schmale Bootstyp, der damals noch „Godulam“ genannt wurde, in dieser Zeit
„in Mode“ kam. Außerdem wird angenommen, dass die damaligen Gondeln mit den
heute bekannten Booten nur wenig gemeinsam hatten. Schließlich wurde der
Begriff anfänglich für sämtliche Flachboote in der Lagunenstadt verwendet.
Die heute bekannte, moderne Gondelform existiert hingegen erst seit
dem 19. Jahrhundert. Durch den Bootsbauer Domenico Tramontin von 1882 bis
1884 entwickelt, weist die „moderne Gondel“ heute ganz spezielle Merkmale
auf: Es handelt sich bei ihr stets um ein schmales,
maximal 11,10 Meter langes und zwischen
1,38 und 1,42 Meter breites Boot. Außerdem verfügt die Gondel über
ein Freibord (altessa) und ist an den Enden weit aufgebogen.
Eine der „Ur-Gondeln“ des Baumeisters Domenico Tramontin ist noch
heute in Venedig zu sehen. Das vermutlich aus dem Jahr 1890 stammende Boot
ist zwar nicht mehr schwimmfähig, aber vollständig erhalten. Es steht heute
im Palazzo Barbaro direkt am Canal Grande
(genaue Adresse: San Marco, 2840).
Ein Besuch in einer der letzten Gondelwerften:
Zu den vielen Sehenswürdigkeiten Venedigs gehört auch die
Bootswerft San Trovaso, unweit des Stadtteils San
Marco, etwas südlich der Kirche San Trovaso (genaue Adresse:
Dorsoduro 1097). Sie ist eine der letzten
Bootsmanufakturen, die in Venedig noch erhalten geblieben ist. Auch heute
noch werden hier Gondeln erbaut oder repariert sowie andere für Venedig
wichtige Bootstypen konstruiert.
Auf den ersten Blick sieht die aus
dem 17. Jahrhundert stammende Bootswerft aus wie eine ganz normale
Schreinerei. Sieht man sich aber ihren Bau einmal genauer an, wird klar,
dass der Squero San Trovaso etwas Besonderes ist: Das Gebäude, in dem sich
eine der ältesten Bootswerften Venedigs befindet, ist architektonisch
ungewöhnlich. Anders als die umstehenden Gebäude erinnert die Werft an eine
Berghütte und scheint kaum ins Stadtbild Venedigs zu passen. Geschuldet ist
das besondere Äußere der Werft vermutlich der Herkunft der Zimmerleute, die
sie erbauten. Diese stammten nämlich aus den Dolomiten und waren an eine
klassische Steinbauweise gewöhnt.
Die Gondelwerft Squero di San
Trovaso ist nicht nur eine der ältesten in ganz Venedig. Sie zählt
auch zu den wenigen Bootsmanufakturen, die klassisch venezianische Gondeln
noch heute herstellen. Jede Gondel ist etwa 10,85 Meter lang,
1,42 Meter
breit und zwischen 400 und 500 Kilogramm schwer. Hergestellt wird sie bis
heute traditionell aus sieben Holzarten. Verwendung finden dabei Eiche,
Ulme, Nussbaum, Tanne, Lärche, Kirsche und Mahagoni. Kunststoff zur
Gondelherstellung ist in traditionellen Werkstätten nicht vorgesehen. Eine
ausreichende Dichte des Gondelbodens lässt sich schließlich genauso gut
durch die Verwendung von Tannenholz erreichen.
Zur Konstruktion der
Gondel-Außenwände hingegen wird Eichenholz verwendet. Diese Holzart ist sehr
hart und kann einem kleineren Zusammenstoß auf einer venezianischen
Wasserstraße standhalten. Für Gondelpassagiere meist besonders interessant:
Die Rudergabel der Gondel, die sogenannte "forcola", erinnert an ein
Kunstwerk und wird aus Walnussholz gefertigt. Sie wird für jeden
Gondelführer individuell angefertigt und ist an seine Körpergröße und Statur
angepasst. Das Manövrieren der leicht gebogenen Boote durch die schmalen
venezianischen Kanäle ist eine echte Kunst. Üblicherweise hat eine in der Squero di San Trovaso hergestellte
Gondel eine „Lebensdauer“ von 35 Jahren.
Die Fahrt mit einer klassischen venezianischen Gondel hat allerdings ihren Preis.
Üblicherweise haben bis zu sechs Personen in einer Gondel Platz.
In der Regel bleibt der Fahrpreis gleich, selbst wenn die Gondel nur von
zwei Personen genutzt wird.
Mit welchem Fahrpreis genau zu
rechnen ist, hängt von der Nachfrage ab. Bildet sich bereits eine
Warteschlange vor der Gondel-Haltestelle, treibt das den Preis in die Höhe.
Besonders hoch ist die Nachfrage natürlich in der Hauptsaison, sowie an
Nachmittagen und Abenden. Am Vormittag hingegen ist eine Gondelfahrt auch in
den Sommermonaten meist günstiger zu haben.
Die Fahrzeit beträgt, je
nach Anbieter, zwischen 30 und 60 Minuten. Ist die Nachfrage
besonders hoch, werden für eine Rundfahrt auch 150 Euro oder
mehr berechnet. Ist die Nachfrage hingegen niedrig, kann mit etwas
Verhandlungsgeschick auch ein Fahrpreis von unter 100 Euro vereinbart
werden. Bei einer Fahrtdauer von 60 Minuten kann es aber möglich sein, dass
300 Euro oder auch mehr von Ihnen gefordert werden. Achtung: Wenn Sie "Sonderangebote" von etwa 30-35 Euro finden, bezieht sich dieser Preis jedoch
sehr wahrscheinlich auf
die einzelne Person. Bei diesen Preisen teilen Sie allerdings die
Gondel, die dabei immer mit insgesamt 6 Personen aufgefüllt wird, mit
anderen wildfremden Menschen.
Wer erwartet,
dass der Gondoliere während der Fahrt das berühmte "O sole mio“ anstimmt
(was übrigens kein venezianisches, sondern ein typisch neapolitanisches Lied
ist),
wird meist enttäuscht. Nur wenige Gondoliere sind bereit, während einer
Rundfahrt ein Liedchen anzustimmen. Allerdings sprechen die meisten von
ihnen gut Englisch und haben viel Interessantes über Venedig zu erzählen.