Lange Sandstrände zwischen schroffen Felsen, kleine
verwinkelte Dörfer, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben, große
Wälder und Berge bis annähernd 2.000 m - all das bietet der
Cilento, eines der letzten unentdeckten
Kleinode Italiens und eine Urlaubslandschaft ersten Ranges. 1991
wurde die Region zum Nationalpark erklärt und darüber hinaus noch
Weltkulturerbe der UNESCO und eines von
350 Biosphärenreservaten der UNO. Ein
Refugium seltener Tierarten und eine Landschaft voller Überraschungen.
An der Küste entlang:
Dieser Reisebericht umfasst nur einen Teil des Cilento, von Velia bis zum
Capo Palinuro. Nicht etwa, weil die restlichen Küstenstreifen, westlich und
östlich davon, weniger eindrucksvoll waren, sondern einfach nur, weil
uns die Zeit fehlte, diese zu erkunden.
Die immer noch andauernden Ausgrabungen von Velia (Elea) sind zwar nicht
vergleichbar mit der antiken Pracht von Paestum, doch einen Besuch sind sie
unbedingt wert.
Vermutlich zeigen sie auch bis heute erst etwa 15% der
insgesamt noch ans Tageslicht zu befördernden Fundstücke früherer Kulturen.
Im 6.Jh. vor unserer Zeitrechnung erreichte die Ausdehnung Großgriechenlands
auch Süditalien. Überall waren griechische Ansiedlungen entstanden, so auch
Velia - auf griechisch Elea - um 540 v. Chr.
Neben dem bedeutenden
Poseidonia (später Paestum) hatte sich Elea bereits um 500 v.Chr. als
geistiges Zentrum des Griechentums etabliert. Nach Cäsars Ermordung 44 v.
Chr. soll übrigens auch dessen Mörder Brutus sich hier auf der Flucht
versteckt haben.
Viele
Jahrhunderte lang war Elea auch der Ort der Eleatischen Philosophenschule.
oben und unten: Die Ausgrabungen von Velia (Elea)
Einige Kilometer von unserem Urlaubsort entfernt lag Ascea Marina. Ein etwas
zersiedelter, fast ausschließlich touristischer Badeort am lang gezogenen
Badestrand. Der schönste Strandabschnitt ist das letzte, flache Stück, kurz
bevor die Felsen wieder aus dem Meer steigen.
Es mag zwar ein anderes Meer gewesen sein, in welches Horaz und Cicero zu
ihrer Zeit eintauchten - kristallklar ist das Wasser aber immer noch.
Am Strand von Ascea Marina
Wir fahren die Küstenstraße, vorbei an Ascea Marina, Richtung Süden nach
Pisciotta. Die Küstenstraße steigt hier wieder an und der
atemberaubenste Teil der Cilentoküste beginnt. Verwegen und steil in den
Berg gebaut, scheinen sich die Häuser von Pisciotta gegenseitig nach oben zu
schieben.
Als normannische Gründung wurde der Ort an dieser strategisch guten Stelle
mit dem atemberaubenden Rundumblick 1140 zum ersten Mal erwähnt. Die Bauern
um Pisciotta sind berühmt für ihr Olivenöl, das ganz besonders herzhaft ist.
Schon vor mehr als vier Jahrtausenden erließ Hammurabi VII., König von
Babylonien, Vorschriften zur Züchtung, zum Handel und zur
Produktionskontrolle. In den Cilento kamen sie - wie so vieles - mit den
Griechen acht Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung und fanden hier ideale
Bedingungen.
Pisciotta
Schon von Weitem sieht man das Wahrzeichen des berühmtesten Badeorts dieser
Küste, das legendäre Capo Palinuro.
Der Steuermann des Äneas, ein gewisser Palinuro, soll hier über Bord
gegangen und ertrunken sein - angelockt vom Gesang verführerischer Sirenen.
Das berichtet zumindest Vergil. Vielleicht ist dieser Palinuro aber auch nur
in einem Sturm in die raue See gefallen - immerhin bedeuteten solche
Landzungen in damaliger Zeit ein gefährliches Hindernis. Weit ragt diese
Halbinsel ins Meer hinein. Ihre nördliche Flanke ist bebaut, auf der
Südseite ist die Küste steiler und bildet kleine Buchten.
oben und unten: Capo Palinuro
Von der Südseite des Kaps sieht man den berühmten
Arco Naturale, den natürlich entstandenen Felstorbogen,
am wohl wildesten
Küstenabschnitt des Cilento.
Auf diesen beiden Fotos (oben und unten) sehen wir die Finestra Palinuro.
Wer ganz genau hinschaut,
sieht durch das Loch den Leuchtturm vom Capo Palinuro. Eines der bekanntesten Fotomotive des Cilento!
Im Hinterland:
Unser Fahrt führt uns von Ascea über Terradura nach Catona. Hier entdecken
wir abseits des Durchgangsverkehrs das wunderschön gelegene Santuario
Madonna del Carmine.
Der Weg führt uns über Mandia, vorbei an den Wasserquellen
"Sorgenti le pantane" in Richtung
Santa Barbara. Normalerweise
ist man hier selten alleine. Entweder verkauft ein Bauer selbstgemachten
Likör aus Waldbeeren oder es wird kistenweise das wunderbar weiche
Quellwasser in unzählige Flaschen abgefüllt, um diese dann mit nach Hause zu
nehmen.
Das Santuario Madonna del Carmine
Die Wasserquellen "Sorgenti le pantane"
Die nächste Tappe ist das Städtchen Ceraso am kleinen Fluss Palistro. Ein wunderschöner
Dorfplatz mit schattenspendenden Bäumen und zwei kleinen Cafes. Mich
beeindruckten hier aber ganz besonders die kleinen Gassen. Hier werden mit
Blumen und Farbe aus den unscheinbarsten Gassen wunderschöne versteckte
Ecken. Zu jeder Tageszeit ein phantastisches Zusammenspiel von Licht und
Schatten.
Ceraso liegt etwa 4km südlich der "Hauptstadt" des Cilento,
Vallo
della Lucania. Hier findet jeden Sonntag Morgen der größte Markt
des Cilento statt. Wenn Vallo nicht selbst, dann ist zumindest dieser Markt
einen Besuch mehr als wert!
Ceraso
Jetzt geht es nach Norden zur Grotte von Castelcivita.
Die auch als "Teufelshöhle" oder "Spartakushöhle" bekannte Höhle liegt bei
etwa 94 m ü.d.M. am Ufer des Calore-Flusses. Die hier gefundenen Geräte aus
Stein, aber auch Fossilreste beweisen, dass bereits vor mehr als 40.000
Jahren diese Höhle von Menschen benutzt oder bewohnt wurde.
Die Grotte di Castelcivita
Schon weithin sichtbar ist das Kreuz auf dem Gipfel des
Monte Sacro.
Wir erlaubten uns mit dem Auto diesen Wallfahrtsort zu besuchen. Aber viele Pilger
machen die 5 Std. von Novi Velia auch zu Fuß, denn eine Tradition will, dass die
Cilentaner einmal im Leben diesen
Wallfahrtsort besuchen sollten.
Der Monte Sacro
Über die alte SS 18 führt uns nun der Weg in Richtung Osten. Unser Ziel ist
das Bergdorf Camerota, nicht zu verwechseln mit dem
am Meer gelegenen Touristenort Marina di Camerota.
Ein Gang durch die Gassen von Camerota ist eine Wohltat für
die Sinne. Immer wieder führen enge Gassen, in denen man kaum zu zweit
nebeneinander gehen kann, auf kleine Plätze, von denen es dann weiter den
Berg hinauf geht. Oben sieht man die Ruinen des kleinen Forts von Camerota. Ein
atemberaubender Blick hinunter aus 300m Höhe bis aufs Meer entschädigt für
jede Blase an den Füssen.
Camerota
Das Hinterland im Cilento ist ausnahmslos kultiviert. Im Cilento wird
überwiegend Olivenanbau betrieben und das hier produzierte Olivenöl gehört
qualitativ zu den besten von Italien.
In den Olivenhainen werden bereits im Sommer die Netze vorbereitet, um diese
dann gegen Mitte Dezember endgültig unter die Bäume zu spannen. Maschinelle
Olivenernte ist im Cilento kaum machbar. Einmal wegen des unwirtlichen
Geländes, zum anderen aber wegen der Größe der Bäume. Wer bislang die Größe
der Olivenbäume auf unter 5 m schätzte, wird im Cilento mehr als überrascht
sein. Bäume mit bis zu 18m Höhe sind hier nämlich keine Seltenheit!
Olivenhaine im Cilento
Diesen Reisebericht schließen wir mit der Erinnerung an wunderschöne
Sonnenuntergänge. Text und Fotos:
Bernhard Kieninger