links: die Universität Padua rechts: die Universität "Ca' Foscari" in Venedig
Fotos: Wolfgang Pruscha -
Joanbanjo
oben: die Universität Padua unten: die Universität "Ca' Foscari" in Venedig
Fotos: Wolfgang Pruscha -
Joanbanjo
Nicht nur für sonnenhungrige Touristen ist Italien ein attraktives Ziel, auch für Studenten: es gibt
dort viele Universitäten
mit den unterschiedlichsten Studiengängen, an denen ein Auslandssemester
- oder auch ein ganzes Studium - absolviert werden kann. Bologna, Rom,
Neapel, Mailand, Florenz und Pisa zählen zu den Städten mit den größten
und angesehensten Universitäten des Landes und wer dort studiert, wird auch den Lebensalltag
der Italiener kennen lernen.
Was ein angehender Student braucht, sind auf jeden Fall eine solide
Vorbereitung und jede Menge Informationen, auch um unangenehme Überaschungen
zu vermeiden.
Das italienische Hochschulsystem:
Zwar funktioniert das System in Italien ähnlich wie in Deutschland -
besonders seit der Einführung von Bachelor und Master - dennoch gibt es
einige Unterschiede, die man kennen sollte. Die Studiengänge, die am ehesten
dem deutschen Bachelor-System entsprechen, heißen in Italien
Corsi di laurea. Drei Jahre dauert ein solches Basis-Studium und der
danach erworbene Abschluss ist die Laurea. Analog zum Master kann man auf die
Laurea eine zweijährige Laurea Specialistica aufsetzen.
Für bestimmte Studienfächer gelten jedoch andere Regeln: So dauert das Studium der Chemie, Pharmazie und der verschiedenen Medizinrichtungen zwischen fünf und sechs Jahren. Je nach gewählter Berufsrichtung muss zusätzlich zum bereits erlangten Abschluss noch ein weiterer erworben werden, so zum Beispiel in der Medizin. Ein Jahr Aufbaustudium ist
dann noch nötig und der Abschluss nennt sich
Diploma di specializzazione.
Der deutsche Titel Doktor ist nicht identisch mit dem
italienischen dottore.
Im Prinzip kann sich jeder italienische Student, der nach drei Studienjahren
eine Laurea abgelegt hat, dottore nennen. Diese Tradition ist zwar irreführend,
aber schwer ausrotten. Das dem deutschen vergleichbare Doktorandenstudium
dauert drei Jahre und hat als Zugangsvorausetzung laurea specialistica, den
Master oder die deutschen Abschlüsse Diplom, Magister und Staatsexamen. Die
Hochschulen schreiben ihre Plätze landesweit aus. Die Interessenten müssen
an einer Wettbewerbsprüfung (concorso) teilnehmen. Ausländer können
zusätzlich zu den ausgeschriebenen Plätzen zugelassen werden.
Die Semesterzeiten in Italien entsprechen in der Regel denen der deutschen
Universitäten. Das Wintersemester beginnt im September/ Oktober und endet im
Januar/ Februar. Das Sommersemester geht von Februar bis Juli. Zwischen
Weihnachten und Ende Januar gibt es meist keine Lehrveranstantungen, auch um
Ostern gibt es in der Regel zwei Wochen Ferien.
Die klassische Lehrveranstaltung an italienischen Hochschulen ist die
Vorlesung. Seminare, die auf Diskussionen abzielen, Kurse
und praktische Übungen gibt es sehr viel weniger als in Deutschland. An den
großen Massenuniversitäten herrscht deshalb eine ziemlich anonyme
Atmosphäre und die Studierenden kommen selten persönlich mit ihren
Professoren in Kontakt. Die italienischen Universitäten sind viel
stärker verschult als die deutschen: was in den Prüfungen verlangt wird, ist
abfragbares Wissen und die Zahl der für eine Prüfung zu lesenden (und oft
einfach mehr oder weniger auswendig zu lernenden) Bücher ist in der Regel
viel höher, als man es von den deutschen Unis gewohnt ist. Auswendiglernen
hat gegenüber einer kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten leider
meist den Vorrang.
Die Prüfungen basieren normalerweise auf den in den Vorlesungen
behandelten Themen und werden jeweils am Semesterende abgelegt. In der Regel
sind es mündliche Prüfungen, schriftliche Prüfungen sind eher selten.
Positiv ist allerdings, dass die Prüfungen generell öffentlich sind: andere
Studenten können zuhören und sich ein Bild über den Ablauf der Prüfung
machen.
Die Leistungsbewertung erfolgt in Italien auf der Basis einer Notenskala, die von 18 bis zu 30 Punkten reicht. 30 Punkte
entsprechen einer deutschen "1" und 18 Punkte einer "4". Alles unter 18 ist
nicht ausreichend und bedeutet "nicht bestanden".
Die richtige Stadt und die richtige Universität finden:
Wenn das Studium in Italien nur ein Auslandssemester von der deutschen
Uni aus sein soll, kann man sich bei der heimische Universität über
Partneruniversitäten in Italien informieren. Die Organisation eines oder zweier
Auslandssemester ist in der Regel unkompliziert, die Bewerbung für ein komplettes Auslandsstudium in Italien
ist dagegen komplexer.
Zuerst gilt es, die richtige Stadt und die richtige Universität zu finden.
Es gibt in Italien 55 staatliche Universitäten, dazu noch einige staatliche
technische Universitäten, sowie private (aber staatlich anerkannte)
Universitäten und 2 staatliche Ausländeruniversitäten. Die 10
größten italienischen Universitäten sind:
Welche Universität man schließlich wählt, hängt natürlich zunächst davon
ab, wo der gewünschte Studiengang angeboten wird. Hier geben
die jeweiligen Internetseiten der Universitäten detaillierten Aufschluss.
Ein nicht zu
unterschätzender Faktor ist aber auch die Stadt, in der man studieren will.
In Rom (mit ca. 2,8 Millionen Einwohnern) zu studieren oder in Pisa (mit
90.000 Einwohnern), sind ganz unterschiedliche Erfahrungen. Auf den oben
verlinkten Seiten kann man sich sowohl über die Universitäten, als auch über
die jeweiligen Städte informieren. Ideal ist, vor der endgültigen Wahl der
Universität einen Urlaub in Italien zu machen und zwei oder drei
Universitätsstädte zu besuchen, um sich ein Bild darüber zu machen, wo man
eine nicht unwichtige Zeit seines Lebens verbringen will. Wenn man von
Italien gelegentlich einen Besuch in der Heimat machen will, sollte man auch
mal auf die Entfernungstabellen
sehen: ob man für die Fahrt nach Hause 500 oder 2.500 km zurücklegen muss, ist auch nicht ganz
unwichtig - der italienische Stiefel ist ziemlich lang. Die Wahl der richtigen Stadt kann
auf jeden Fall entscheidend sein für den Erfolg - oder den Misserfolg - eines Studiums in
Italien!
Bei Fragen dazu gibt es neben der direkten Hilfe durch die Universität auch zahlreiche
nützliche Portale wie z.B. College Contact.
links: die Universität Bologna rechts: die Universität "La Statale" in Mailand
Fotos:
Riccardo Tuccio -
Goldmund100
oben: die Universität Bologna unten: die Universität "La Statale" in Mailand
Fotos:
Riccardo Tuccio -
Goldmund100
Bewerben:
Ist eine Stadt, eine Universität und der richtige Studiengang gefunden,
heißt es: Bewerbungen abschicken, möglichst auch an mehr als eine
Universität, um die Chancen zu erhöhen. Auf der Internetseite einer jeden
Universität steht, wie die Bewerbungsprozesse für die einzelnen
Studienfächer ablaufen. Wer sich mit deutschen Zeugnissen oder Unterlagen
bewirbt, sollte daran denken, diese auf Italienisch übersetzen und
beglaubigen zu lassen.
Wer vor dem Auslandsstudium bereits in Deutschland studiert oder wer nach
dem Studium in Italien in Deutschland weiter studieren möchte, sollte sich
unbedingt darüber informieren, welche Studienleistungen im jeweils anderen
Land anerkannt werden.
Auch Sprachkenntnisse müssen ausländische Studenten für ein
Studium in Italien in der Regel nachweisen, dazu sollten entsprechende
Unterlagen eingereicht werden. Besonders die beiden Ausländeruniversitäten
in Perugia und Siena (siehe oben) bieten auch interne Italienischkurse an,
die sehr nützlich sein können. Solide Italienisch-Sprachkenntnisse sind aber
nicht nur für das Studium wichtig, schließlich bedeutet "Studieren in
Italien" auch "Leben in Italien".
Eine grundlegende Voraussetzung für eine Bewerbung an einer italienischen
Universität ist die Allgemeine Hochschulreife. Ohne das deutsche Abitur ist
kein Studium in Italien möglich. Viele Universitäten haben einen
Numerus clausus und je nach Studiengang kann
eine Aufnahmeprüfung nötig sein.
Studiengebühren und Lebenshaltungskosten:
Hinsichtlich der Lebenshaltungskostensind sich Italien und Deutschland ziemlich ähnlich,
jedenfalls was Norditalien angeht - in Süditalien dagegen sind die
Lebenshaltungskosten niedriger. Auch was die Studiengebühren (zumindest an staatlichen Universitäten) angeht, sind die Kosten in Italien nicht deutlich teurer. Mit rund 700 bis 800 € pro Jahr müssen Studenten in Italien rechnen, Extra-Ausgaben für Bücher und andere Lehrmittel sind darin
natürlich nicht mit eingerechnet. An Privatuniversitäten liegen die Studiengebühren deutlich höher.
Wer nur für ein Auslandssemester oder –jahr nach Italien geht, kann eine Finanzierung beantragen. Der
Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) stellt
dazu Möglichkeiten zur Verfügung, ebenso wie das Auslands-Bafög. Wer über
ERASMUS nach Italien geht, erhält seine finanziellen Zuschüsse über das ERASMUS-Programm. Falls keine dieser Finanzierungsmöglichkeiten klappt, ist auch ein
Studienkredit mit einem niedrigen Zinssatz möglich. Dieser muss im Gegensatz zu einer Förderung durch ERASMUS oder den DAAD aber zurückgezahlt werden.
Wohnungsuche in den Universitätsstädten:
Eine Wohnung zu mieten
ist nicht ganz einfach, schon in Deutschland. In Italien ist es noch ein Stück
schwerer, denn der italienische Wohnungsmarkt ist ganz anders als der deutsche.
Ungefähr 80% aller Wohnungen in Italien (mit regionalen
Unterschieden) sind Eigentumswohnungen und das bedeutet, dass die Zahl mietbaren
Wohnungen niedriger ist als in Deutschland. Vor allem in den
Universitätsstädten
kann das dazu führen, dass die Mietpreise auf dem freien Markt gelegentlich Wucherdimensionen annehmen. Auch
Studentenwohnheime sind seltener als in Deutschland. Mit viel
Geld kann man natürlich alles bekommen, was man will, aber für einen normalen
Geldbeutel erfordert die Wohnungssuche in Italien mehr Geduld,
Ausdauer und Nervenbelastbarkeit.
Auf
Internetseiten wie www.immobiliare.it,
www.mioaffitto.it oder
www.casa.it
können Wohnungen in ganz Italien gesucht und gefunden werden. Gelegentlich erhalten Studenten bei der Wohnungssuche auch
Hilfe von den Universitäten, die Tipps zu Studentenwohnheimen geben können.
Am besten ist es, sich vor Ort
zu informieren und vielleicht in eine WG mit anderen Studenten zu ziehen.
Dazu sollte man allerdings am besten schon vor Studienbeginn anreisen, die ersten
Tage
in einem Hostel verbringen und dann direkt vor Ort suchen. Über
Tageszeitungen oder Aushänge in der Universität können Wohnungen,
Wohngemeinschaften und Mitbewohner gefunden werden.
links: die Universität "Federico II" in Neapel rechts: die Universität "La Sapienza" in Rom
Fotos:
IlSistemone -
Carlo Dani
oben: die Universität "Federico II" in Neapel unten: die Universität "La Sapienza" in Rom
Fotos:
IlSistemone -
Carlo Dani
Dokumente und Versicherungen:
Für Deutsche, Österreicher und andere Mitglieder von UE-Staaten genügt für
den Aufenthalt in Italien ein gültiger Personalausweis. Neben allen anderen
notwendigen Dokumenten (Zeugnisse, Lebenslauf, Nachweise zur Deckung der
Studiengebühren und die Zusage der Uni für das Studium) ist auch eine
Auslandskrankenversicherung
sehr nützlich. Zwar greift während eines Kurzaufenthalts in Italien die europäische Krankenversicherungskarte –
wer aber für eine längere Zeit nach Italien geht, sollte sich um eine
entsprechende Langzeit-Auslandskrankenversicherung kümmern.
Last not least:
Wie schon gesagt: in Italien zu studieren bedeutet auch in Italien zu leben.
Das zu unterstreichen scheint eine Banalität zu sein, ist es aber nicht.
Die Mentalität der Italiener hat viele angenehme Seiten und macht
das Leben in vieler Hinsicht leichter, aber auch in dieser Beziehung wird man in
Italien nicht nur Positives erleben. Die Italiener sind (im Durchschnitt)
viel stärker als die Deutschen von Religion, Traditionen und
gesellschaftlichen Konventionen beeeinflusst und das gilt auch für viele
Jugendliche. In Deutschland bemerkt man das weniger, in Italien wird das
allerdings sehr deutlich.
Ob sich ein Deutscher in Italien wohl fühlt oder nicht, das hängt sehr von
seiner geistigen Flexibilität ab. Man kann in Italien gut
leben, wichtig ist allerdings, dass man seine Vorstellungen von "normaler
Lebensart" relativiert, dass man bestimmte Dinge akzeptiert, die man in
Deutschland vielleicht nicht akzeptieren würde. Integration ist nicht immer
einfach, auch in einem so schönen Land wie Italien.
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und arbeiten
Auch Italien seine zwei Seiten. Hier
einige Hinweise und Vorsichtsmaßregeln, um mögliche
Enttäuschungen zu vermeiden.