Die Region Kalabrien wird von vielen Norditalienern als "Dritte Welt"
betrachtet. Die über 1.200 km lange Reise von
Mailand nach
Reggio Calabria
scheint wirklich eine Reise in ein anderes Land zu sein. Kalabrien ist eine
der ärmsten Regionen Italiens, ein großer Teil der Menschen dort leben auch heute
noch von der Landwirtschaft. Massive staatliche Investitionsprojekte in der
zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, die die Industrialisierung in
Süditalien fördern sollten, haben wenig Resulate gebracht. Stahlbetriebe und
Raffinerien wurden gebaut, von denen einige allerdings inzwischen wieder
stillgelegt werden mussten und heute als Industrieruinen die südlichen
Landschaften und Küsten verschandeln.
Hunderte von Lire-Milliarden
(und später Euro-Millionen) versickerten zudem in Kanälen, die von der Mafia kontrolliert
werden (in Kalabrien nennt sich die Mafia übrigens
’Ndrangheta). Wichtigste
Einnahmequellen der ’Ndrangheta sind der Drogenhandel und die illegale
Müllentsorgung, insbesondere von Giftmüll. In bestimmten Gegenden von Kalabrien ist
die ’Ndrangheta sicher
einflussreicher als der Staat. Die permanent hohe Arbeitslosigkeit, vor allem
unter jungen Leuten, führt außerdem zu einer fortwährenden Talentabwanderung
nach Norditalien und ins Ausland.
Auf der anderen Seite verfügt die Region über genügend Ressourcen, die sie wachsen lassen können. Griechen, Römer,
Normannen, Byzantiner, Aragonesen und Spanier, die die die Region in den
vergangenen Jahrhunderten beherrscht hatten, haben hier Zeugnisse
hinterlassen, die absolut sehenswert sind. Mit seiner langen Küste, sowohl an
der Ost- wie auch an der Westseite, ist Kalabrien eigentlich für einen
Badeurlaub prädestiniert. An der Westküste, mit ihren felsigen kleinen
Buchten, gibt es auch schon einige beliebte Ferienorte, aber die herrlichen
Küsten der Region, besonders an der Westseite, sind touristisch noch wenig
erschlossen.
Auch landschaftlich hat die Region Einiges zu bieten: Im Hinterland
gibt es dichte Buchen- und Kiefernwälder, die sonst in Süditaliern selten zu finden sind und die den Wanderer einladen. Im
Tourismus, der auch heute schon einen wichtigen
Wirtschaftszweig ausmacht, liegen enorme Entwicklungsmöglichkeiten, die die Region zu einer der schönsten Italiens machen könnten.