Brindisi ist kein Touristenmagnet, es ist eine Durchgangsstadt. Die meisten
Besucher halten sich nur für ein paar Stunden hier auf, gerade mal die Zeit
bis zur Abfahrt der Fähre, die sie nach
Albanien,
Griechenland oder in die
Türkei bringen wird. Mit durchschnittlich
1.000 Transitgästen pro Tag ist Brindisi
der größte Fährhafen von Süditalien.
Aber auch schon vor der Ära des
Massentourismus war Brindisi einer der bedeutendsten Handelshäfen Italiens.
Die Römer, unter denen die Stadt
Brundisium
hieß, bauten den Hafen zu ihrem größten und wichtigsten
Handels- und Militärstützpunkt aus, als
Verbindungspunkt zu den östlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers. Brindisi
wurde ein zentraler Umschlagplatz für Waren und Sklaven aus dem Orient. An
diese Zeit erinnern
die beiden Säulen am Hafen von
Brindisi, die das Ende der
Via Appia
anzeigten (Foto unten), der etwa 540 km langen Römerstraße, die seit dem Jahr 190 v.Chr.
von Rom nach Brindisi führte. Später schifften sich vom Hafen in Brindisi die Kreuzfahrer zu ihren Eroberungszügen im Nahen Osten ein.
Die beiden Säulen am Hafen von Brindisi, die das Ende der
Römerstraße Via Appia signalisierten.
Foto:
Ale zena
Brindisi
ist ein Paradebeispiel für den Schaden, den eine jahrzehntelang
vernachlässigte Instandhaltung der Bausubstanz der Altstadt und eine völlig
abwesende Stadtplanung anrichten kann, das alles verbunden mit Verschwendung
von öffentlichen Geldern und Korruption. Tatbestände, die man übrigens in
vielen anderen mittleren und größeren süditalienischen Städten feststellen
kann.
Die Altstadt war in der Nachkriegszeit teilweise einem derartig
verwahlosten baulichen Zustand, dass viele der Bewohner sogar mit
Evakuierung rechnen mussten. Und statt die durchaus vorhandenen Geldmittel
zur Beseitigung dieser Missstände zu benutzen, baute man in den 1970er
Jahren genau am Rand der vernachlässigten Altstadt, die teilweise einem
Elendsviertel ähnelte, ein modernes Theater (Teatro Giuseppe Verdi), ein
reines Prestigeobjekt mit der größten Bühne Italiens, das nach seiner
Fertigstellung erstmal für fast 30 Jahre leer stand. Drei Mal wurde das
Theater eingeweiht, die ersten beiden Male wegen baulicher Mängel sofort
wieder geschlossen, erst seit 2006 ist es in voller Aktivität. Der
Theaterbau ist architektonisch durchaus interessant (es erinnert stark an
das Düsseldorfer Schauspielhaus), aber in seinen Dimensionen absolut
übertrieben - vielleicht wollte man das berühmte Teatro
Petruccelli in der Konkurrenzstadt
Bari übertreffen. Neben dem Theater wurde übrigens ein
archäologisches Gelände mit Resten aus der Römerzeit freigelegt.
Das Teatro Giuseppe Verdi mit dem anliegenden archäologischen Gelände
Foto:
Piazzavittoria
Erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts tut sich Positives in
Brindisi: endlich wurde eine systematische Altstadtsanierung in Angriff
genommen, eine schöne
Fußgängerzone wurde eingerichtet und die Hafenpromenade neu gestaltet. In den
letzten Jahren versucht man auch, vom rein auf den Fährbetrieb
ausgerichteten Tourismus abzukommen und die anderen sehenswerten Orte
der Stadt aufzuwerten. Ein Spaziergang durch Brindisi lohnt heute durchaus,
vielleicht ein paar Stunden oder besser noch einen Tag vor Abfahrt der Fähre
nach Griechenland...